Kapitel 6

Farb-IR - nicht echt aber ganz schön real.

Eine Spielart der IR-Fotografie die mittlerweile einige Anhänger gefunden hat ist die Version mit Farben im Bild. Im Gegensatz zu den sehr gewöhnungsbedürftigen cyan-roten Bildern des Kodak EIR Farbinfrarotfilms hat diese digitale Variante den Vorteil dass sie farblich recht nah an der echten Welt gehalten werden kann während sie trotzdem weit genug davon weg ist um so manches Mal den Betrachter zu verzaubern.

Wie nun - gerade haben wir gelernt dass der Blick ins Infrarote monochrom ist - wie kommt nun Farbe ins Bild?
Die Antwort liegt zu einem Teil in den Filtern. Für die Farbinfrarot-Fotografie benutzen wir "milde" Filter die noch ausreichend Wellen aus dem sichtbaren Spektrum durchlassen um ein mindestens zweifarbiges Bild zu erzeugen.
Milde Filter in der Durchlässigkeitsreihenfolge:

Heliopan RG645, RG665, B+W 092, RG695, RG715, Kodak Wratten 89b, Hoya R72, Cokin 007, unbelichtetes Dia, RG780.

Als "über den Daumen"-Vergleich sieht man hier ganz gut die Grundunterschiede zwischen den Filtern. Den Rauch im RG715 bitte ich zu entschuldigen, da war die Pappröhre etwas zu lange auf der Halogenbirne ;-)
Dass man bei den 3 mittleren Filtern überhaupt etwas sieht liegt zum Teil auch an der Fuji S2, trotz zusätzlichem Sperrfilter kommt immer noch etwas IR-Strahlung durch.

Bei der Farb-IR Variante gibt es ein paar Faktoren die dem geneigten Fotografen das Leben schwerer machen.
Dadurch, dass wir nun auf den Inhalt aller drei Farbkanäle angewiesen sind begrüssen wir nun das Bildrauschen in der Bearbeitungskette als lästiges Störelement.
Der Weissabgleich entscheidet bei Kameras die in .jpeg oder .tiff aufnehmen nahezu alles während man bei der raw-Fotografie um einiges mehr nachträglichen Abgleichsspielraum hat.

 

JPEG-Kameras

Wie muss das Ausgangsbild nun aussehen? Da sich hier keine allgemeingültigen Aussagen treffen lassen weil jede Kamera leicht unterschiedliche Ergebnisse bringen wird, hier ein paar Beispiele.

Fangen wir mit meinen allerersten Versuchen mit IR-Filtern auf der Fuji S602z an:

Manuelle Belichtung, 1/6sec., f2.8, ISO160, Weissabgleich: Tageslicht

Der erste grobmotorische Test, um zu sehen wie tauglich ein Bild für die Weiterbearbeitung ist, ist in Photoshop AutoLevels (deutsch?).
Alternativ kann man jeden Farbkanal einzeln so bearbeiten dass der Inhalt so gestreckt wird dass er an den Schwärzen und dem Weiss genau anstösst.

Das ist schon ganz gut. Hier sieht man den CenterSpot der Fuji wieder, in Farb-IRs ärgert der uns noch mehr als in den echten. Trotzdem, das Ergebnis ist brauchbar.

Unbrauchbar hingegen ist diese Ergebnis aus der Sony S75, 1/15sec., f2.0, ISO100, Weissabgleich: Auto.
Immerhin kein CenterSpot. Nach dem Umbau bringt die Sony dieses Ergebnis:

1/500sec., f7.1, ISO100, Weissabgleich: Tungsten
So ist es besser, damit könnte man arbeiten.

Hier ein Beispiel der umgebauten Sony mit automatischem Weissabgleich:

1/125sec., f6.3, ISO100.

Als letztes Beispiel, die umgebaute Kamera mit meinem eigenen Abgleich auf eine rote Fläche - das sieht wieder bei jeder Kamera am Ende anders aus, bei der umgebauten noch mehr da ihr ja das türkise Glaselement fehlt und sie nun grundsätzlich andere Farben liefert:

1/250sec., f4.5, ISO100, Weissabgleich: Rote Fläche

 

RAW-Kameras:

Wenn man eine Kamera mit der Fähigkeit ihre Sensordaten in einem herstellerspezifischen raw-Format abzuspeichern hat,
sollte und wird man diese für den qualitativ höchstwertigen Output immer nutzen. Der Weissabgleich spielt während der Aufnahme eine ersteinmal untergeordnete Rolle - später kann man durch gezieltes Setzen des Weisspunktes noch die Verteilung der Informationen auf die einzelnen Farbkanäle feintunen, für den Anfang kann man einfach einmal mit "Auto" draufhalten.

Fuji S2pro, 1/45sec., f1.4, ISO200.

Auto.

Tageslicht.

Custom - 2000k.

So kann man sich seinen eigenen "Lieblingsabgleich" erarbeiten, letzlich ist Farb-IR Fotografie eine Ausdrucksform der Bearbeitung in der jeder seinen eigenen Sitl findet.

In Kapitel 2 habe ich die Bedeutung des Histogrammes bzw. des Inhaltes der einzelnen Farbkanäle erklärt, in der Farb-IR Fotografie ist es auch nötig bei der Aufnahme zu beachten dass kein Farbkanal zu viel oder zu wenig Daten bekommt.

Hier ein 100%-Ausschnitt aus dem oberen Bild der S2pro mit 2000k-Abgleich.
Rot- und Blaukanal sind hier befriedigend gefüllt, das starke Rauschen im Blaukanal ist aber sehr akzeptabel so.
Das Aussehen, also Menge und Form, des Rauschens, besonders im Blaukanal ist unter verschiedenen Bedinungen bei einer Kamera immer gleich, nur der ISO-Wert beeinflusst das noch. Da es aber eh angeraten ist besonders in der Infrarotfotografie immer den niedrigsten ISO-Wert zu nehmen kann man so also schon eine Aussage treffen. Sie können ein beliebiges Bild ihrer Kamera nehmen und den Blaukanal alleine ansehen - wenn was Sie da sehen arg kaputt aussieht ist eine anstrengendere Reise beim Ausflug in die Farb-IR-Welt zu erwarten.

Ein Vergleich über den ISO-Bereich der S2pro - grundsätzlich könnte man mit diesem Body bis ISO 400 arbeiten, wenn die Gittermuster im Rauschen schon bei ISO 100 diesen Plan nicht wieder zunichte machen würden.
Weitere Beispiele:

Nikon D70 bei ISO200.

Canon EOS 10D bei ISO200.

Canon IxusI bei ISO100.

Fuji S602z bei ISO100.

Sony Cybershot S75 bei ISO100.

Diese Beispiele sollen nur den Blick etwas schärfen und den Vergleich zur eigenen Cam erleichtern. Selbst mit dem eigentlich inakzeptabeln Rauschen der S75 war es möglich sehr schöne IRs zu schiessen - natürlich ist die benutzbare Grösse dann nichts mehr für Ausdrucke in A4 oder grösser.

 

Zusammenfassung:

Für die Infrarotfotografie mit Farb-Häubchen ist es neben der Anschaffung eines lichtdurchlässigeren Filters sehr wichtig den Weissabgleich der Kamera so einzustellen, dass eine mehrfarbige Ausgangsbasis für die Weiterbearbeitung gegeben ist. Wenn das Rauschverhalten der Kamera dann nicht auch noch einen Streich spielt sind sie bereit für ihre ersten "richtigen" Bilder - im nächsten Kapitel bearbeiten wir eins bis zum bitteren Ende ;-)