Kapitel 3

Erste Erfahrungen
oder
Warum sieht das so komisch aus?

Wie beschrieben fangen wir erstmal mit echtem IR an - Farb-IR bekommt dann gesonderte Aufmerksamkeit, ist aber nur eine halbwahre Spielart der Infrarotfotografie, dazu später mehr.

Filter der Wahl sind der Kodak Wratten 87c, B+W 093, Hoya RM90, Heliopan RG830 (mit einem zugekniffenen Auge), RG850 und vor allem der Königsfilter RG1000. Falls Sie mit einer DSLR und einem Weitwinkelobjektiv mit Gelfiltereinschub arbeiten möchten gibt es von Kodak 87c-Folie in verschiedenen Grössen für den ernsthaften Einsatz, bei Foto Brenner die dunkle IR-Folie die um einiges günstiger ist aber das Bild arg weichzeichnet (trotzdem ganz schön) und natürlich das sagenumwobene Dia, unbelichtetet aber entwickelt. Die Folien kann man auch mit ein bisschen Geschick hinter den Spiegel kleben, das gibt den Vorteil dass der Sucher für das Framing des Motives hell bleibt. Das Dia mit Einschränkungen, ich habe leider noch nirgendwo eine Spektralverlaufskurve eines Dias gefunden, kann aber durchsehen was bedeutet dass es auf jeden Fall ein Stück ins sichtbare Spektrum ragt.Also sehen wir das erst im Farb-IR Kapitel wieder ;-)

Die ersten Bilder (oben Heliopan RG830 auf Fuji Finepix S602z) sind meist nicht besonders berauschend.
Die Gründe dafür sind meist:

- falsch fokussiert
- Automatischer Weissabgleich
- nicht besonders geeignetes Licht

Der Fokus

Beim Fokussieren mit den Systemkamers hat man oft nicht besonders viele Eingriffsmöglichkeiten. Wenn man einen manuellen Modus für das Fokussieren hat sollte man dort die Kamera erstmal auf "unendlich" stellen - natürlich nur solange man Landschaftsbilder ähnlich wie oben macht. Wenn sich die Kamera nicht manuell fokussieren lässt oder der manuelle Fokus keine Anzeigen hat und man "im Dunklen" stochert kann man noch versuchen den Filter abzunehmen, die Kamera normal fokussieren lassen, den Fokus entweder zu halten oder zu fixieren und das Bild machen. Ist es dann immer noch unscharf kann man noch ein bisschen spielen um den nötigen Versatz zu finden, meist sollte man diese Kamera dann aber von diesem Einsatzzweck ausklammern.

Mit Optiken auf SLRs ist das einfacher weil man sehr genau manuell fokussieren kann. Auf vielen Optiken gibt es einen sog. IR-Index der einem den Versatz zu einem im normalen Spektrum fokussierten Bild zeigt. Da ich selbst andere Erfahrungen gemacht habe kann man leider nicht generell sagen dass beim Fokussieren im IR-Spektrum ein Versatz zwingend nötig ist - sehr oft bin ich auch mit Unendlich-Stellung zu scharfen Bildern gekommen.
Hat man jedoch einen IR-Index macht es auch Sinn ihn zu benutzen ;-)

Der Weissabgleich

Mit den tiefen Filtern ist das noch kein grosses Problem da die Bilder eigentlich sowieso monochrom aus der Kamera kommen.
"Eigentlich" deswegen weil im Farbmodus der Kameras trotzdem ein eingefärbtes Bild entsteht, lila, magenta, cyan, hellblau, bei vielen Kameras sehr unterschiedlich. Warum?


Grundsätzlich muss man sich vorstellen dass die Elektronen der Wellen durch die Optik, den HotMirror (so vorhanden) samt seines farbigen Glasblockes und durch das Bayer-Gitter auf die Photozellen des Bildaufnehmers treffen. Das Bayer-Gitter ist die Anordnung von Farbfiltern für die Photozellen, jeder Pixel hat einen eigenen Filter auf dem Gitter.



Auf jedem Bildaufnehmer der das Bayer-Gitter nutzt sitzen 50% grüne Filter, 25% rote und 25% blaue - dies ist als technische Annäherung an die Funktionsweise des menschlichen Auges geschuldet, siehe dazu die Einleitung.

Je nach Bauart und Material scheinen die Farbfilter Wellen aus dem infraroten Bereich unterschiedlich passieren zu lassen - dahinter ist dann die Software der Kamera dafür verantwortlich aus den Informationen aller Pixel ein Farbbild zu berechnen - und das machen die Hersteller alle ein bisschen anders. Das erkennt man daran dass in jedem der 3 Farbkanäle unterschiedlich viele Informationen angekommen sind. Technisch ist es für mich schwer nachzuvollziehen dass ein Farbfilter, der alle Wellenlängen des bekannten Spektrums absorbieren soll bis auf die gewünschte bei einer "fremden" Wellenlänge überhaupt einen Einfluss hat, vielleicht kann mir das ja mal jemand erklären ;-)

Mit der IR-Fotografie bewegen wir uns also auf jeden Fall außerhalb jeder Spezifikation der Kamera, trotzdem hier ein paar Tips:

- Falls Ihre Kamera einen Schwarzweiss-Modus bietet nutzen Sie ihn! (hilft natürlich nichts bei der Aufnahme von raw-Dateien)
- Gleichen Sie ihren manuellen Weissabgleich auf eine rote Fläche ab. Am Bildschirm ist das am einfachsten zu erzeugen ;-)
- Wenn Ihre Kamera Histogrammanzeigen bietet belichten Sie so dass in keinem Farbkanal Informationen gestaucht werden.

Ohne Histogramme und im Farbmodus müssen Sie sich an Ihr Ziel mit Hilfe von Testreihen heranarbeiten, es ist immer eine Balance zwischen dem Rauschverhalten bei zu starker Unterbelichtung und dem Verlust bildwichtiger Information bei Überbelichtung.

Die Belichtung

Vergleichen wir ein paar Bilder miteinander.

Das ist das "kaputte" Bild von oben, daneben fokussiert, automatischer Weissabgleich, automatische Belichtung. Die Histogrammauszüge der Kanäle zeigen, dass das Bild deutlich unterbelichtet ist. Dadurch wird das vorhandene Bildrauschen beim Hochziehen auf normale Tonwerte inakzeptabel hoch - ab in die Tonne.

Dieses Bild einer Sony S75 mit RG830 Filter wurde im Schwarzweissmodus der Kamera aufgenommen, also haben alle Kanäle den gleichen Inhalt.
So kann man mit der Ausgangstonwertverteilung gut leben - bei der weiteren Bearbeitung läuft man so nicht Gefahr am Rauschen zu ersticken.

Hier die Sony S75 mit RG830 Filter im Farbmodus mit eigenem Weissabgleich. Auch das geht als Ausgangsbild noch als gut durch, solange noch fast nichts geclippt wird und nicht zu stark unterbelichtet wurde kann man in der Weiterbearbeitung noch alles damit anstellen.
Wie man aus der Verteilung in den Farbkanälen "lesen" kann gibt das ein cyan/blaues Bild. Im Vergleich zum magentafarbenen Bild oben aus der Fuji habe ich auf diese Weise mehr Informationen im Grün- und im Blaukanal. Das hilft deswegen, weil diese beiden Kanäle sowieso "unterbedient" werden, Rot hingegen naturgemäß sowieso dominant ist. Der Blaukanal ist das Sorgenkind - wie im Auge und in der ganzen restlichen Fotografie ja auch - er rauscht immer am stärksten und ist der um den man sich bereits bei der Aufnahme am meisten Gedanken machen sollte. Das ist das Ergebnis eines Weissabgleichs auf eine rote Fläche am Bildschirm. Die Belichtung ist manuell eingestellt, ohne Histogramm bei der Kamera habe ich mich daran gewöhnt mich auf das (immerhin sehr gute) Bild auf dem Display zu verlassen.Der Fokus trifft mit der Sony automatisch.

CenterSpot

Wie schon geschrieben liegt es wohl in der Natur fast jeder Optik einen Lichtabfall zu den Rändern hin zu haben. Wie genau das Phänomen CenterSpot bei der IR-Fotografie erzeugt bzw. wohl eher verstärkt wird ist mir noch nicht ganz klar - sehr klar ist hingegen dass man seine Bilder bei sehr starker Spotbildung kaum noch retten kann. Der gezeigte Spot ist von der Fuji S602z die ihn eh nicht extrem stark erzeugt hat. Leider habe ich selbst keine krasseren Beispiele dafür ;-)
Man kann mit milder Spotbildung noch recht gut leben - einige Tricks gibt es um dagegen anzukämpfen.
Meistens verändert der Spot seine Form und Grösse mit sich schliessender Blende - man kann für seine Optik unter allen Brennweiten (so es eine Zoomoptik ist) auf einem Testaufbau einen Nachmittag lang seine CenterSpots fotografieren und hat dann die genaue Form unter allen Bedingungen. Dieses monochrom gewandelt kann man dann prima als Ebenenmaske in der Bildbearbeitung einsetzen um aufzuhellen oder abzuschwächen - je nachdem wie herum es per Bild mehr Sinn macht.
Machen Sie auch versuche zu verschiedenen Tageszeiten und mit verschiedenen Winkeln zur Lichtquelle (meistens die Sonne ;-) ) - auch mit eigentlich spotlosen Optiken habe ich Bilder mit ihm bekommen - meist durch starke Licht-Reflexion von großen Objekten.

Zusammenfassung:

Beim Einsatz eines tiefen Filters muss man die Tonwertverteilung eines Bildes genau beachten, weiters sollte man sich einen Weissabgleich in der Kamera speichern der einem eine möglichst ausgewogene Verteilung der Bildinformationen auf die Farbkanäle liefert. Fokustests werden mit jeder Kamera und Optik die richtigen Einstellungen zu Tage liefern.
Jetzt wären wir also bereit uns endlich mal um die Bilder zu kümmern - also ab ins nächste Kapitel.