Kapitel 2
Reise durch Digitalien - der erste Griff nach den Strahlen.
Das Geschenk, das die Industrie dem ambitionierten Infrarot-Digitalfotografen mit den bis ca. 1200nm empfindlichen Bildaufnehmern gemacht hat ist zum Greifen nah. Leider ist fast aber meistens gleichzusetzen mit "nicht".
Da liegt sie nun, die gute
digitale Kamera, woher weiss man nun ob man damit nun Infrarotfotografie machen
kann oder nicht?
Die Antwort ist: Filter draufmachen und rausfinden wie effizient der Sperrfilter
gegen das Vorhaben ankämpft.
Es gibt viele kleine Spielereien die empfohlen werden um im Vorfeld zu "testen"
wie empfindlich die eigene Kamera ist, der verbreitetste davon sicher das Foto
der Infrarot-LED der HiFi- oder TV-Fernbedienung. Das können Sie gerne
probieren, Spaß macht es auf jeden Fall und ist schon ein Vorbote dessen,
was man später wohl noch so finden wird.
Nur wird die genaue Aussage
schwerfallen ob die LED nun stark oder schwach oder ganz ordentlich rauskommt
- die einzige Aussage, die man damit treffen kann ist binär: Geht oder
geht nicht.
"Geht nicht" ist sowieso verdächtig, ein klein wenig muss wohl
jede Kamera ins NIR (Nahe Infrarot) gucken können.
Je nach Typ werden sie mehr oder weniger enthusiastisch an diese Aufgabe herangehen
- NIR-Fotografie ist auf jeden Fall nichts, das ihnen in den Schoss fallen wird,
um beeindruckende Ergebnisse zu erzielen müssen Sie auch eine Portion Leiden
in Kauf nehmen bis Sie es geSchafft haben ;-)
Von den wenigen Konstanten in diesem Bereich ist eine - je älter die Kamera
(bis ca. Bj. 2002) desto größer die Chancen eine zu erwischen die
ohne weiteren großen Aufwand zumindest für die ersten Ausflüge
in die andere Welt verwendbar ist.
eBay ist in diesem Falle ein ganz heißer Tip, das schöne an digitalen
Kameras ist dass sie wie so viele Trendartikel nach sehr kurzer Zeit bereits
abgeschrieben sind, denn man muss ja, um bessere Fotos zu machen, dringend und
vor allem die neue "Mehrmegapixelalsdernachbar"-Kamera haben, nicht
wahr?
Kameras die bereits ausführlich bewiesen haben dass sich mit Ihnen von
kundiger Hand geführt zauberhafte Bilder machen lassen sind(ohne Anspruch
auf Vollständigkeit):
Nikon Coolpix 990 und 995,
Canon Powershot G1, Olympus C20x Modelle, Sony Cybershot S70, S75 und S85 und
mit Einschränkungen die F707 und F717.
Diverse Ausreisser wie neuaufgelegte alte Technik aus China, vertrieben über
Supermärkte und ausgewiesene Billigmarken zeigen auch immer wieder erstaunliche
IR-Fähigkeiten - das aber meist proportional zu einem etwas traurigerem
Farbbild.
Digitale Spiegelreflexkameras, die erwähnenswert wären sind Canon
D30, Nikon D1 und Kodak DCS520-760 - die sind aber trotz des bereits hohen Alters
selten als wirkliches Schnäppchen zu bekommen.
Sony hat technisch die perfekte Lösung für den gebeutelten IR-Liebhaber,
die Kameras mit Nightshot-Funktion können auf Wunsch den Sperrfilter vor
dem CCD wegklappen! Das wäre wie immer so schön, gäbe es da nicht
einen Haken - man kann die Blende nicht mehr schließen, die schnellste
Verschlusszeit ist 1-60sec. und die langsamste 6sec. Es wäre ein Klacks
für die Entwickler die Firmware so abzuändern dass alle normale Funktionen
der Kamera auch im Nightshot-Modus auf Wunsch bereitstehen - gibt es aber nicht...
Also behelfen sich findige Cybershot-Besitzer mit kaskadierten ND-Filtern um
wenigstens zu irgendeinem Ergebnis zu kommen.
Je neuer die Kameras noch sind desto gemischter gibt sich das Bild. Bei den
Systemkameras hat sich das Rauschverhalten in den letzten Jahren dank der geschrumpften
Photozellen und CCD-Grössen und der gleichzeitigen dumpfsinnigen Erhöhung
des Marketing-Faktors MEGAPIXEL nicht wirklich verbessert, in vielen traurigen
Fällen sogar verschlechtert. Wenn man eine Kamera mit starker Sperrung
hat wird die zu erwartende Bildqualität nicht besonders hoch sein.
Zusätzlich spielt die Fokussierfähigkeit der Kamera eine große
Rolle, die Sonys zum Beispiel verstärken das Bild künstlich beim Fokussieren,
so kann man wenigstens am Display sehen was man bekommt. Bei den Fujis bleibt
hingeben alles duster, der AF kann nicht durch den Filter fokussieren und die
manuelle Einstellung gerät zum Geduldspiel - so macht kreatives Spielen
keinen Spaß.
In der DSLR-Abteilung sieht es gar nicht mal mehr so schlecht aus. Selbst mit
einer Canon EOS 10D kann man mit geschicktem Händchen hervorragende IRs
produzieren, etwas leichter geht es mit einer Nikon D70, die Sigmas haben zwar
so ihre Rauschprobleme aber zumindest die SD10 kann man sehr leicht zur Highspeed-IR
Cam machen. Pentax, Minolta und Olympus hatte ich noch nicht im "Labor",
die Fuji Finepix S2pro zumindest war leidlich IR-tauglich, die S3pro muss erst
noch ihren Weg zu mir finden.
Der wichtigste Faktor bei den DSLRs ist auch bei den Systemkameras das alles
entscheidende Zünglein an der Waage - die Optik.
Je nach Art der Beschichtung der optischen Elemente und Materialart des Innenraums
sind viele Optiken nicht für den Infraroteinsatz tauglich - ein Ghosting-Effekt
durch Rückreflexionen sorgt für eine hässliche kreisförmige
Aufhellung des Bildes meist in der Mitte, deshalb auch Center-Spot genannt.
Wenn ich bei einer DSLR dieses Problem mit einer Optik bekomme habe ich wenigstens
die Möglichkeit es mit einer anderen Optik erneut zu probieren - wenn die
Systemkamera das Problem hat ist damit gleich Ende.
Grundsätzlich macht nahezu jede Optik oder Kamera die ich kenne einen mehr
oder eben weniger ausgeprägten Center-Spot, je nach Lichtstand und Einfallswinkel
und benutzter Blende.
Bastelwerkstatt
Wenn der Hersteller etwas
mechanisches einbaut das eine Eigenschaft verhindern soll dann kann man doch
als pragmatischer Mensch das auch ausbauen, oder?
Ja. Nein. Äh, jein.
Ich persönlich gehe gerne die Extrameile um etwas zu erreichen das ich
mir in den Kopf gesetzt habe. Nur muss das Wort der Warnung natürlich immer
ausgegeben werden: Jeder Eingriff IN einer digitalen Kamera lässt die Garantie
erlöschen und erfordert ein Grundmass an feinmotorischem Geschick im Umgang
mit empfindlicher Elektronik. Die Arbeit in der Nähe der hochgeladenen
Blitzkondensatoren kann lebensgefährdend sein (!) und die Chancen die Kamera
dabei komplett zu zerstören sind hoch. Seien Sie gewarnt!
Die Entfernung des HotMirrors ist eine Zitterpartie mit großer
Belohnung am Ende. Mehr dazu im eigenen Kapitel zum Umbau einer Kamera.
Spassfaktor - hihi.
Generell gilt - mit gesperrten
Kameras muss man lange gegen den Sperrfilter/HotMirror belichten damit überhaupt
Strahlung auf den CCD fällt - mit allen Nachteilen die das mit sich bringt.
Das lästigste daran ist sicher das mit längeren Zeiten immer inakzeptabler
werdende Bildrauschen, was für mich aber den Spaß an der fremden
Infrarotwelt vollkommen zerstört ist die Stativpflicht und das lange Warten
auf jeden Schuss. Um Stirnrunzeln vorzubeugen: Natürlich ist ernsthafte
Fotografie wiederum meist ausschließlich vom Stativ aus zu bewerkstelligen
- auf jeden Fall im Landschaftsbereich. Aber hier geht es ja erstmal um das
Reinschnuppern in etwas Neues.
Deshalb die höchst persönliche Meinung von mir dass ich jedem nur
empfehlen kann alles dafür zu tun dass er die Finger an eine schnelle IR-Cam
bekommt. Die Dinge, die darauf warten entdeckt zu werden sind Lohn für
so manche Mühe!
Zusammenfassung:
Schnell oder langsam? Diese
Grundfrage stellt sich nach den ersten Tests mit der eigenen Kamera. Analog
oder digital?
Egal wie man sich entscheidet - irgendwann geht es los, hier im nächsten
Kapitel ;-)